Stationär muss rocken: Shopping Center auf der Suche nach dem heiligen Gral
Das, was der Kunde braucht, bestellt er zunehmend im Internet. Im stationären Handel hingegen sucht er das Erlebnis, die Inspiration und den Austausch. Das wird die Shopping Center massiv verändern, ist RegioPlan der Ansicht. Neue Geschäfte, Ankermieter, ein höherer Gastronomieanteil, interaktive Malls, Dienstleistungszonen, aber auch mehr Leerstand und ein Anstieg an nicht produktiven Flächen könnten die Folge sein.
Angesichts der steigenden Bedeutung des Onlinehandels und der hohen Verkaufsflächendichte im österreichischen Handel gehen auch die Quadratmeterumsätze in Einkaufszentren zurück. Insbesondere in jenen Centern, die auch vor dem Aufstieg des Onlinehandels Probleme hatten, werden die Mietpreise massiv unter Druck geraten.
"Dies betrifft in etwa ein Viertel der bestehenden Center in Österreich", meint Michael Oberweger, Leiter Consulting bei RegioPlan. "Händler werden immer weniger Fixpreise, stattdessen immer mehr umsatz- oder frequenzabhängige Mieten vereinbaren wollen. Es stellt sich nun die Frage, mit welchen Konzepten Centermanager und -eigentümer darauf reagieren können beziehungsweise welche zusätzlichen Mittel sie haben, um Umsatz zu generieren."
Nur die besten Kapitäne überstehen den Tornado
Auch die Dauer der Mietverträge wird noch kürzer. "Dies bedeutet, dass wir mit einem starken Mietermarkt zu tun haben werden und dass ein voll vermietetes Einkaufszentrum kein Erfolgsgarant mehr für langfristige Renditen ist", meint Obweger.
Ebenso war und ist ein sogenanntes Refurbishment, das sich ausschließlich auf architektonische Verbesserungen alle paar Jahre reduziert, nicht ausreichend. Vielmehr bedarf es einer kontinuierlichen Arbeit an der Konsolidierung des Centers als attraktiven Handelsplatz. Ein Center muss eine Marke werden und dies setzt auch Handelskompetenz voraus. "Gute Centermanager sind in erster Linie Handelsspezialisten", weiß Oberweger.
Neuer Branchen- und Mietermix bei Einkaufszentren
Durch die Internetsituation wird sich auch der Branchen- und Mietermix von Einkaufszentren verändern, da man künftig mehr Erlebnis und Aufenthaltsqualität bieten muss. Ein größerer Anteil an Gastronomie- und Dienstleistungsflächen, aber auch ein Anstieg des Leerstands ist dabei die Folge. So könnte sich beispielsweise der Gastronomieanteil von durchschnittlich sieben Prozent auf standortabhängig bis zu rund 20 Prozent der Gesamtfläche verändern.
Ebenso ist mit einem Anstieg an sogenannten nicht produktiven Flächen zu rechnen, die nicht zwangsläufig Umsatz, aber hauptsächlich Frequenzen ins Center bringen. Die Überlegung, welche neuen Konzepte die Menschen ins Center holen werden, ist dabei wichtiger denn je.
Österreichische Verkaufsflächendichte: Eine der höchsten in Europa
Österreichs Verkaufsflächendichte ist mit rund 1,80 Quadratmetern pro Einwohnern eine der höchsten in Europa. Zurückzuführen ist dies auf die unzähligen großflächigen Baumärkte und Möbelhäuser sowie auf die hohe Shopping-Center-Dichte, die rund 0,35 Quadratmeter vermietbarer Fläche pro Einwohner beträgt. Dass angesichts dieser hohen Handelsflächendichte sowie der stark zunehmenden Bedeutung des Onlinehandels die Quadratmeterumsätze im stationären Handel zurückgehen, verwundert nicht.
Dies setzt auch die Mietpreise unter Druck beziehungsweise kann dies auch zu höheren Leerstandsraten führen. „Insbesondere in den strukturschwachen Centern, die stark unterdurchschnittlich performen – das sind circa ein Viertel der bestehenden Objekte in Österreich – könnte es zu einem Mietpreisrückgang und einem Anstieg der Leerstände kommen“, prognostiziert Oberweger.
Gutes Management wird hier verlangt. Vor diesem Hintergrund werden Fixmieten im Handel immer uninteressanter. "Als Händler kann ich heute stationär oder online meine Ware verkaufen“, erklärt Oberweger die Sicht der Mieter „und deshalb möchte ich eine genauere Kalkulationsbasis für meine Miete haben.“ Diese wird sich immer mehr nach dem tatsächlich an einem Standort realisierten Umsatz und/oder nach der Frequenz richten. Dies bedarf auch genauerer Messinstrumente, die nicht nur aufzeigen, wie viele Konsumenten in ein Einkaufszentrum gehen, sondern auch, in welchen Geschäften sie genau verweilen, was und warum sie einkaufen.
Centermanagement setzt Handelskompetenz voraus
Shopping Center sind in erster Linie Handelsplätze, deren Kunden nicht die Händler, sondern die Konsumenten sind, die hier einkaufen. Dies bedarf einer kontinuierlichen Arbeit an der Positionierung des Centers als attraktiven Handelsplatz für die Zielgruppe, die es anspricht. Genaue und detaillierte Informationen über die Zielgruppe sowie die richtigen Marketingstrategien sind dabei unerlässlich.
Die Boom-Zeit der Einkaufszentren – insbesondere seit den Neunziger Jahren bis jetzt – hat viele Immobilieninvestoren angelockt, deren Handelsaffinität nicht sehr groß war. „Ohne eine starke Handelsaffinität zu haben, wird man aber in Zukunft kaum noch gute Renditen im Handelsimmobilienbereich erwirtschaften“, gibt Oberweger zu bedenken. Die erfolgreichen Centermanager der Zukunft sind in erster Linie Handelsspezialisten, die sich mit Handels- und Konsumententrends befassen.
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