
KMU: Eigenes Segment an Wiener Börse
Der Chef der Wiener Börse, Christoph Boschan, rechnet fix damit, dass Anfang 2019 am heimischen Kapitalmarkt das geplante eigene Handelssegment für kleine und mittelgroße Aktiengesellschaften starten kann, zu dem es einen besonders einfachen Zugang geben soll. Der politische Wille sei da und die Regelung einfach.
Das Thema steht am Freitag auf der Tagesordnung des parlamentarischen Finanzausschusses - die Beratungen wurden um einen Tag verschoben -, die nötige Regelung sei "zwei Zeilen lang". Zugang zum "direct market"-Segment für KMU sollen Kleinbetriebe haben, die als AG organisiert sind und, so Boschan, "mehr als 15 bis 20 Aktionäre" - also einen gewissen Streubesitz - aufweisen.
Boschan erinnerte daran, dass die Wiener Börse ab 2019 an bis zu sechs Feiertagen im Jahr geöffnet haben kann, sofern diese nicht auf ein Wochenende fallen; kommendes Jahr wird somit an vier Feiertagen erstmals gehandelt, "bisher haben wir unsere ausländischen Kunden gezwungen, auf ausländische Börsen zu gehen". 85 Prozent des Orderflows an der Wiener Börse kommen aus dem Ausland.
Sowohl Boschan als auch der Industrielle Hannes Androsch übten Kritik an zu starken Regulierungen. Androsch brandmarkte Kodex- und Compliance-Vorschriften, die "so idiotisch" seien, "dass man nicht einmal beim Zähneputzen etwas sagen kann, ohne vorher den Compliance-Officer anzurufen". Das sei "in einem Maße schlecht, falsch und negativ, dass man nicht mehr weiß, soll man sich ums Geschäft kümmern oder um die Bürokratie". Hier sei "allerdringendst eine kräftige Durchforstung und Unkrautbeseitigung erforderlich", so der AT&S-Kernaktionär. Der Börse-Chef stimmte Androsch zu und sprach von einem "Regulierungs-Tsunami" und einer "krankhaften Entwicklung", die zurückgedreht gehöre.
Die heimische Marktkapitalisierung hinke mit 130 Mrd. Euro, rund ein Drittel des BIP, der Entwicklung im Ausland hinterher, so Boschan. Am europäischen Kontinent seien 50, 60, 70 Prozent normal, im angelsächsischen Raum 100 bis 130 Prozent. Direkte Vergleiche des ATX mit dem deutschen DAX hält der Wiener-Börse-Chef für fragwürdig, denn der heimische Leitindex sei ein Kursindex, während an der Deutschen Börse ein Performanceindex errechnet werde, der auch die Dividenden inkludiert. "Daher ist der Vergleich nicht ganz redlich", so Boschan. Betrachte man das adäquat, sei auch die Wiener Börse auf der Rückkehr zu alten Höchstständen. Seit Bestehen weise der ATX im Schnitt eine jährliche Rendite von 6 bis 7 Prozent auf, "trotz aller Krisen".
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