
Fauler Kompromiss: Lebensmittelhändler beschränken „freiwillig“ ihr Non-Food-Sortiment
Eine Jubelmeldung der Wirtschaftskammer, die eigentlich keine ist. Die großen Lebensmittelhändler haben sich „freiwillig“ dazu verpflichtet, den Verkauf vieler Non-Food-Produkte einzustellen – aber freilich erst nach Karsamstag. Elektrohändler fühlen sich „verarscht“ und sind sauer.
Na wenn das kein Grund für ausgelassene Feiern (natürlich nur im Haushaltsverbund!) ist: „Durch gemeinsame Anstrengungen unter der Führung unseres Obmanns der Bundessparte Handel, Peter Buchmüller, ist es nach zähen Verhandlungen gelungen, eine für unsere Branche extrem wichtige Vereinbarung mit den fünf großen Lebensmittelketten – Rewe, Spar, Hofer, Lidl & Metro – herbeizuführen“, heißt es im aktuellen E-Insider des Bundesgremiums für den Elektro- und Einrichtungsfachhandels. Die gute Nachricht folgt gleich auf dem Fuße: „Diese fünf Unternehmen verpflichten sich verbindlich, ab 11.4.2020 den Verkauf vieler Non-Food-Produkte einzustellen.“ Na bumm!
Noch rührender wird’s dann übrigens ein paar Zeilen später, wo die fünf Handelsbosse unisono ihren grenzenlosen Akt der Nächstenliebe begründen: „Wir wollen mit diesem Akt der Solidarität zum Ausdruck bringen, dass wir keinesfalls die Notlage von vielen Non-Food-Geschäften, die derzeit nicht geöffnet sein dürfen, ausnutzen und schränken daher von uns aus große Teile des Non-Food-Sortiments im Direktverkauf ein.“
Ostergeschäft wird noch „mitgenommen“
Fast könnte man jetzt beginnen wieder an das Gute im Menschen zu glauben, gebe es da zwei nicht ganz unwesentliche Details. Erstens natürlich die Frage, warum man für diesen Solidaritätsakt noch eine ganze Woche benötigt? Ein Schelm, der dahinter das bevorstehende Ostergeschäft vermutet – das man bis zum 11. April ja noch locker „mitnehmen“ kann. Und zweitens muss man sich fragen, warum diese „freiwillige“ Selbstbeschränkung zufällig an jenem Tag kommuniziert wird, an dem der Gesundheitsminister erstmals offiziell andeutet, dass die kleinen Geschäfte (etwa der Fachhandel) wahrscheinlich nach Ostermontag – natürlich unter den entsprechenden Hygieneauflagen – wieder öffnen dürfen?
Und die wichtigste Frage zum Schluss: Warum haben die Lebensmittelkonzerne überhaupt drei Wochen gebraucht, um das zarte Pflänzchen der Solidarität so weit zu entwickeln?
Bärendienst für Vorarlberg?
Eine weitere offene Frage ist auch, was diese „Vereinbarung“ nun für Vorarlberg bedeutet? Wie von Elektrojournal Online berichtet, hatte sich dort ja ein kleiner Spielwarenhändler erfolgreich zur Wehr gesetzt und erreicht, dass das Amt der Vorarlberger Landesregierung das Angebotssortiment der Lebensmittelkonzerne streng eingrenzt. Diese Einschränkung dürfte jetzt wohl hinfällig sein, da sich die Lebensmittelkonzerne nun ja auf diese bahnbrechende „Vereinbarung“ berufen können.
Ziemlich sauer ob dieses Kompromisses sind derweilen jedenfalls zahlreiche Elektrofachhändler, wie ein Elektrojournal-Rundruf am Wochenende bestätigt. Die Meinungen reichen dabei von „Wir werden hier ordentlich verarscht“, über „Die Vereinbarung ist nicht mal das Papier nicht wert“, „Das Gremium will jetzt nicht auch noch Lob dafür, oder?“, „Die Wirtschaftskammer richtet‘s halt den Großen, wir Kleine bleiben eh immer auf der Strecke“ bis hin zu „Die Funktionäre müsste man mit dem nassen Fetzen…“ Weitere Aussagen bzw. Details können wir an dieser Stelle leider nicht veröffentlichen (Jugendschutz, Ehrenbeleidigungen usw.)…
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